Der Mensch will LEBEN
Der Mensch will leben. Er will unvernünftig sein. Er will lieben. Er will sich rasenden Gefühlen hingeben. Er will ausrasten. Er will dreinschlagen. Er will auslachen, sich ergötzen. Er will sich an dem Leid anderer erfreuen, genauso wie er auch dessen Leid mindern will. Er will rechthaben. Der Mensch ist faul, und suhlt sich im Dreck. Er gibt sich in seiner Unvernunft und Begierde zügellosen Spielen hin, bar jeder Vernunft. Ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Achtsamkeit auf jedes Risiko. Der Mensch nimmt in der Gier nach seiner Lust den Tod in Kauf.
Der Mensch will arbeiten und nicht nutzlos herumsitzen. Er will sich unterhalten, und nicht abgeschnitten sein. Er will raus ins Freie, sich den Schönheiten der Natur hingeben, in ihr aufgehen und sie erforschen. Durch Wälder, Täler und Berge wandern. Er will sich ausdrücken, und nicht kleingehalten werden. Der Mensch möchte neugierig sein, trotz aller Gefahr. Er möchte handeln und wandeln. Er möchte sich seinem Tagwerk hingeben und nicht stillstehn, nicht rasten und zuhause tatenlos auf das Ungeheuer warten, das niemals kommen wird. Der Mensch möchte seinen Lebensunterhalt selbst verdienen, statt von Alimenten abhängig zu sein. Er möchte Selbstverantwortung übernehmen. Der Mensch möchte ein Risiko eingehen, zu mindestens ein ganz kleines – von dem alle sagen, es kommt, doch draußen scheint alles normal zu sein. Der Mensch möchte lieben und lachen. Er möchte die Seinen besuchen. Der Mensch liebt Geselligkeit. Er möchte zusammenkommen, miteinander streiten, lachen und tanzen. Miteinander zuhören und feiern. Der Mensch liebt es, unter Seinesgleichen zu sein und körperlich zu erfahren, ja ich bin ein Teil der Menge. Sich selbst zu vergewissern. Sich selbst zu bestätigen. Der Mensch ist nicht gern allein. Er sucht sich ein Gegenstück. Immer wieder zieht er hinaus, schaut und lässt sich begeistern und bandelt an, oder lässt sich verführen. Der Mensch ist stets auf der Suche nach Neuem, nach Reizen, nach Verführung, nach liebe, nach aufregendem Sex. Der Mensch schaut gern verführerischen Reizen hinterher und denkt sich seinen Teil, manchmal ergreift er auch die Initiative und mach den ersten Schritt – trotz allen Risikos abgewiesen zu werden. Der Mensch hat eine Sehnsucht nach dem verrückten aufgelassenen Paarungsspiel mit allen Höhen und Tiefen. Genauso gern verurteilt und richtet er, weiß es besser. Ist neugierig nach dem Tratsch und Klatsch, nach Sensationen und Katastrophen, er liebt Tragödien und Dramen und schafft sie manchmal selbst herbei.
Nun hat sich der Mensch von sich selbst ausgegrenzt. Unsichtbare Kräfte laufen im Hintergrund. Doch das Leben lässt sich niemals aufhalten. Es ist eine unbändige Kraft auch angesichts des Todes – oder gerade deshalb. Der Tod lässt uns erkennen was das Leben ist: Bewegung und kein Stillstand, Werden und Vergehen, Aufstieg und Niedergang, Sicherheit und Unsicherheit, Liebe und Hass, Aufbau und Zerstörung und immer wieder Neuerschaffung, Neutransformation in sich selbst und aus sich selbst heraus. Niemals kann Leben nur in eine Richtung zeigen, kann nur schön sein, kann nur wachsen, kann nur sicher sein, kann einen Anfang haben, aber kein Ende. Das Leben ist immer ein Rhythmus, es ist eine Welle von Auf und Ab. Niemand, kein Mensch ist in der Lage aus diesem Rhythmus auszusteigen, auszubrechen. Und wenn er es doch versuchte so wird er scheitern und zerbrechen an seinen eigenen inneren Widersprüchen. Daran, dass er seinen eigenen inneren Drang nach Lust, Abenteuer und Aggression verleugnet und von sich gewiesen hat.
In unserem Sicherheitswahn meinten wir trotz aller bekannten Widersprüche und Schätzungen zu können und zu vergraben einzubunkern und das Leben stillstehen zu lassen. Noch schon nach wenigen tagen merkten wir, dass es nicht funktioniert. Zu groß ist die Neugier, die Lust als auch der Wille zu leben.
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